Stauende-Detektion – Praxistest

In einem Praxistest wurde die Qualität der auf Floating Car Data basierenden Stauende-Detektionen überprüft. Als Referenz für die Qualitätsüberprüfung dienten bestehende Verkehrskameras auf zuvor festgelegten Autobahnabschnitten.

Immer wieder kommt es auf Autobahnen an Stauenden zu schweren Auffahrunfällen mit resultierenden Personen- und Sachschäden. Doch das muss nicht so sein, denn eine rechtzeitige Information der Straßenbetreiber und eine Warnung der Verkehrsteilnehmer birgt ein hohes Potential zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufs.

Eine Grundvoraussetzung ist jedoch, dass Stau und Stauenden zuverlässig erkannt werden, was allerdings mittels stationärer Detektion durch die Straßenbetreiber nur eingeschränkt möglich ist. Eine aktuelle Alternative zur Stauwarnung über stationäre Detektion sind Services von Datenanbietern und Navigationsdienstleistern, die über fahrzeugseitig generierte Daten, wie beispielsweise Floating Car Data (FCD), Verkehrsstörungen und Stauenden erfassen und entsprechende Warnungen an ihre Nutzer (Verkehrsteilnehmer) kommunizieren.

Doch welchen Kriterien müssen diese fahrzeuggenerierten Daten im Hinblick auf Beschaffenheit bzw. Qualität für die Zwecke des Verkehrsmanagements und der Verkehrsinformation unterliegen? Welche Mindestanforderungen sind an die Anbieter von kommerziell erhältlicher Stauende-Daten zu richten, für den Fall, dass die öffentliche Hand entsprechende Daten im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung beschaffen möchte?

Diesen und weiteren Fragen widmete sich das von uns in Zusammenarbeit mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), Wien und SLR Engineering, Graz durchgeführte Forschungsprojekt, in dem wir in einem Pilotversuch im realen Verkehrsablauf eine Evaluierung von kommerziell zugänglichen Stauende-Daten vorbereitet, begleitet, umgesetzt und ausgewertet haben. Ziel war ein Vergleich von über Videokameras erfassten Stauenden mit den Stauende-Meldungen von vier FC-Datenanbietern, um daraus Rückschlüsse zu ziehen, welche Qualitätskriterien und welche Mindestanforderungen an die Stauende-Daten von privaten Dienstleistern zu richten sind. Ein Marktvergleich der Qualität der von den Anbietern ausgegebenen Meldungen wurde nicht durchgeführt. Sämtliche Daten wurden entsprechend anonymisiert.

Für den Praxistest wurde zunächst ein ca. 1-3 km langer Autobahnabschnitt mit möglichst lückenloser Überwachung durch Verkehrskameras als Teststrecke gesucht. Als geeignet zeigte sich ein Abschnitt mit einer noch nicht in Betrieb stehende Anlage zur Temporären Seitenstreifenfreigabe (TSF) auf der BAB 81 zwischen AS Ludwigsburg Nord und AS Ludwigsburg Süd in Fahrtrichtung Stuttgart. Anhand von aufgezeichneten Videodaten war es das Ziel, Stauerscheinungen mit potentiell gefährlichen Stauenden zu erheben und anschließend mit den Meldungen der Datenanbieter zu vergleichen.

Für eine automatische Videoauswertung wurde im Projekt ein Analysetool entwickelt, dass mit speziellen Algorithmen aus den erhobenen Videodaten die Fahrzeuggeschwindigkeiten und Fahrzeugtrajektorien erfasst und daraus potentiell gefährliche Stauenden filtert. Die erkannten Stauenden wurden anschließend in einer manuellen Video-Inspektion visuell entweder bestätigt oder verworfen. Abschließend wurden innerhalb der Evaluierungsplattform die Stauende-Meldungen der Datenanbieter mit den analysierten Videodaten verglichen, um Qualitätskenngrößen von Stauende-Daten zu ermitteln und Rückschlüsse auf deren Qualitätsanforderungen zu ziehen.

Die Ergebnisse des Vergleichs haben allerdings gezeigt, dass sich die Stauenden im Sichtbereich der Kameras räumlich und zeitlich nur zum Teil mit den Meldungen der Datenanbieter decken. Zwar wurde eine Vielzahl an Stauenden ermittelt, jedoch konnten diese nur teilweise über die Meldungen der Datenanbieter bestätigen werden. Die Einschränkung, mit der Videoanalyse nur einen begrenzten Ausschnitt des realen Verkehrsablauf abbilden zu können, führte dazu, dass man der hohen räumliche und zeitliche Dynamik eines Stauendes nicht ausreichend begegnen konnte, was allerdings nicht bedeutet, dass der Ansatz einer automatischen Videoanalyse grundsätzlich ungeeignet wäre, noch dass die Stauende-Meldungen der Datenanbieter eine schlechte Qualität haben.

Dennoch muss resümiert werden, dass aus dem Praxistests keine konkreten Werte abgeleitet werden konnten, die als Mindestanforderung für eine hohe Qualität von Stauende-Meldungen im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung genutzt werden können. Die Ergebnisse lassen leider keine klare Aussage zu, ob durch die Datenanbieter die vorgeschlagenen Mindestanforderungen an die Qualitätskriterien eingehalten werden können, wodurch für eine öffentliche Ausschreibung diese wesentlichsten Schlüsselparameter zur Spezifikation der Qualität der durch den Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen fehlen.

Dennoch bestehen verschiedene Möglichkeiten, ein öffentliches Vergabeverfahren zur Beschaffung von Stauende-Daten anzustoßen und insbesondere den Qualitätsnachweis der zu erbringenden Leistung im Rahmen des Vergabeverfahrens durch die potentiellen Bieter erbringen zu lassen. Dies könnte beispielsweise eine öffentliche Ausschreibung mit Verhandlungsverfahren sein, bei dem die Bieter innerhalb des Verfahrens ein technisches Konzept erstellen und einen Nachweis hinsichtlich der erreichbaren Qualität erbringen müssen. Die Erkenntnisse aus der Verhandlungsphase können anschließend als Eingangsgröße für die Leistungsbeschreibung dienen, insbesondere für die Bestimmung der Zielwerte von KPIs, von Anforderungen an die Nachweisführung in Bezug auf das Vergabeverfahren sowie für die Erbringung der Leistung über die gesamte Vertragslaufzeit. Dies sorgt für eine hohe Transparenz und Klarheit über die vertraglich festgelegten Leistungen – auf Seite der Bieter und auf Seite der ausschreibenden Stelle.

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Eckdaten

Kunde: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

Zeitraum: 2019 – 2020

Partner: AIT Austrian Institute of Technology, SLR Engineering