Kommunikation automatisierter Fahrzeuge mit anderen Verkehrsteilnehmern

Das Projekt sollte Auskunft über die Anforderungen an die Kommunikation automatisierter Fahrzeuge mit anderen Verkehrsteilnehmern geben. Hierfür wurden in einem ersten Schritt verschiedene Verkehrssituationen untersucht und ausgewertet.

Der heutige Straßenverkehr ist geprägt durch ständige Interaktion zwischen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern, um in geregelten oder ungeregelten Situationen einen reibungslosen Verkehrsablauf zu gewährleisten. Durch einen steigenden Anteil an automatisierten Fahrzeugen (AF) im Verkehrsgeschehen werden zwangsläufig auch die Interaktionen zwischen nicht-automatisierten und automatisierten Verkehrsteilnehmern unterschiedlicher Automatisierungsstufen sukzessive zunehmen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass es im Zustand des Mischverkehrs über eine bedeutsame Zeitspanne hinweg zu verschiedenartigen Interaktionsbeteiligungen und Interaktionsverläufen kommen wird.

Doch wie wird sich die heutige Kommunikation und Interaktion zwischen den Verkehrsteilnehmenden dadurch verändern? Welche möglichen Folgen resultieren dadurch auf die Verkehrssicherheit, den Verkehrsfluss und das Verkehrsklima? Diesen und weiteren Fragen widmete sich das von uns gemeinsam mit der Professur für Verkehrspsychologie der Technischen Universität Dresden durchgeführte Forschungsprojekt.

Ausgangspunkt bildete eine systematische Analyse, Klassifizierung und Bewertung der heute im Straßenverkehr zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel eines herkömmlichen Pkw mit aktivem Fahrer. Dafür wurden insgesamt 154 Verkehrsszenarien im städtischen Verkehr, auf Außerortsstraßen und auf Autobahnen in einem Szenarienkatalog zusammengestellt, in denen heutige Verkehrsteilnehmer miteinander interagieren. Grundlage bildeten u.a. die in Deutschland gültige Straßenverkehrsordnung, bekannte Konfliktsituationen aus dem Unfalltypen-Katalog (ORTLEPP & BUTTERWEGGE 2016) und dem Maßnahmenkatalog gegen Unfallhäufungen (MaKaU; MAIER, BERGER & KOLLMUS 2017). Naturgemäß lag hier der Großteil der Szenarien im städtischen Bereich, da hier einerseits der Bedarf an Kommunikation sehr groß und andererseits die Unsicherheit der ungeschützten Verkehrsteilnehmer (Rad- und Fußverkehr) sehr hoch ist.
Der resultierende Szenarienkatalog zeigt auf übersichtliche Weise, welche Kommunikationsmittel in welchen Verkehrssituationen und zwischen welchen Interaktionspartnern genutzt werden. Die anschließende Bewertung der dabei eingesetzten Kommunikationsmittel (anhand der Erkennbarkeit, Verständlichkeit, Eindeutigkeit), führte unter der Voraussetzung von regelkonformen und kooperativen Verhalten der Verkehrsteilnehmer sowie den weiterhin bestehenden technologiegestützten Kommunikationsmitteln eines Pkw’s zu der Erkenntnis, dass über die Hälfte der Szenarien ohne weitere Maßnahmen auf den Mischverkehr übertragbar erscheinen. Im Gegensatz dazu gibt es aus heutiger Sicht nur wenige Szenarien, die hinsichtlich Verkehrssicherheit, Verkehrsfluss und Verkehrsklima kritisch und somit nicht ohne weitere Maßnahmen in einem Mischverkehrszustand auskommen. Ein typisches Beispiel eines solchen Szenarios ist die Begegnung zweier Verkehrsteilnehmer in einer Engstelle.

Die gewonnen Erkenntnisse fanden Eingang in einem Workshop mit Experten aus der Arbeits-, Organisations- und Verkehrspsychologie mit Bezug zum automatisierten Fahren. Innerhalb des Workshops wurde eine wissenschaftliche Diskussion darüber angestoßen, welche neuen Kommunikationsmittel als Folge einer zunehmenden Fahrzeugautomatisierung möglich bzw. nötig sind, wenn auf Grund des Mischverkehrs heutige Kommunikationsmittel nicht mehr funktionieren. Unter der Annahme, dass die bisher stattfindende Kommunikation von einem AF so nicht geleistet werden kann, müssen alternative Konzepte geschaffen werden. Dabei ist nicht nur die Art der Informationsdarstellung zu betrachten, sondern zunächst die Frage zu beantworten, welche Informationen überhaupt dargestellt werden sollen (und können).

Die überwiegende Mehrheit neuer fahrzeugseitiger Kommunikationskonzepte ist visueller Natur (z.B. LED-Leuchten oder Leuchtbänder). Zwar sind diese Ansätze technologisch verhältnismäßig einfach umsetzbar, doch sind Schwierigkeiten in der intuitiven Verständlichkeit zu erwarten. Neben diesen stellen auch die generelle Kenntlichmachung von automatisierten Fahrzeugen oder Projektionen auf die Fahrbahn sowie das Verhalten des Fahrzeugs selbst (z.B. Zeitpunkt des Verzögerns als „Bewegungsgesten“) weitere mögliche Formen einer künftigen Kommunikation automatisierter Fahrzeuge dar.

Mit Zunahme automatisierter Fahrfunktionen im Straßenverkehr ist im Bereich der Kommunikation und Interaktion zwischen automatisierten und nicht-automatisierten Verkehrsteilnehmern ein deutlicher Handlungsbedarf erkennbar. Nicht zuletzt zeigt das auch die wissenschaftliche Diskussion, die Aktualität der betrachteten Thematik sowie die noch offenen Forschungsfragen, von denen zwei Themenkomplexe prioritär angegangen werden sollten. Zum einen sollte die bisher experimentell geprägte Forschung auf reale Bedingungen im Feld erweitert werden, um die Wirksamkeit neuer Kommunikationsmittel unter Berücksichtigung von Verhaltenskonsequenzen zu untersuchen und die externe Validität der vorliegenden Befunde zu erhöhen. Zum anderen sollten die Anforderungen und Bedürfnisse der verschiedenen Verkehrsteilnehmergruppen wie z.B. Kinder, Ältere und mobilitätseingeschränkte Personen an die neuen Kommunikationsmittel zukünftig stärker berücksichtigt werden, um diesen Gruppen weiterhin eine möglichst einfache Teilhabe am Verkehr zu ermöglichen.

> PDF | Bericht – Grundlagen zur Kommunikation von automatisierten Fahrzeugen mit anderen Verkehrsteilnehmern

> PDF | Anhang – Grundlagen zur Kommunikation von automatisierten Fahrzeugen mit anderen Verkehrsteilnehmern

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Eckdaten

Kunde: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

Zeitraum: 2019 – 2020

Partner: TU Dresden